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Satellitenstadt
Erzählung

Erzählung für Jugendliche und Erwachsene

Andere Ausgaben

Dieses Buch wurde 2002 unter dem Titel »Stadtrandnacht« neu aufgelegt.

Rezensionen

»Das neue buch / Buchprofile«

Ein Auto ist nachts in eine unbeleuchtete Baugrube gefallen. Es stellt sich die Frage, wie es dazu kommen konnte und wer die Schuld trägt. Der Autor lässt ganz unterschiedliche Personen Stellung nehmen, am Ende ist alles miteinander verknüpft, auch die Schuld. Und als zentrale Figur erscheint die Siedlung selbst, eine Trabantenstadt, die in ihrer Sterilität und Unmenschlichkeit alles Leben gleichsam magisch überlagert. – Die unterkühlte Sprache, die minuziöse Beobachtung, die kurzen Wechsel von Handlung und Rückblick erinnern an eine Detektivgeschichte und tragen erheblich zur Spannung bei. Dennoch werden hier existentielle Fragen aufgerollt, Erinnerungen an Naturereignisse wie Poesie beschworen und Held wie Feindfigur schließlich überflüssig gemacht. – Ein literarisch hochwertiges Buch voll Ernsthaftigkeit und menschlicher Substanz.

»Neue Jugendbücher«, Aarau

Eine Erzählung, die unter die Haut geht und viel Gesprächsstoff liefert. Für Jugendliche und Erwachsene empfohlen.

Leseprobe

Mick hatte Angst. Stundenlang saß er in seinem Ledersessel und jagte sich Musik in die Ohren. Die Kopfhörer aufgesetzt, sah er aus wie ein Pilot, der trotz aller Anstrengung nicht vom Fleck kam, von den dauernden kleinen Rucken des Drehsessels abgesehen.

Das Zimmer roch nach kalter Pfeifenasche. Seit Ina am Nachmittag da gewesen war, hatte er die Freude am Rauchen mit einem Mal verloren. Die Pfeife lag auf dem Tisch neben einem Motorradmagazin, aus dem schräg liegenden Pfeifenkopf waren Tabakkrümel auf das Tischtuch gebröselt. Mick drehte sich, ohne aufzustehen, zum Tisch hin, griff nach der Zeitschrift und begann darin zu blättern. Er betrachtete die Fotografien der schweren Maschinen, poliertes chromblitzendes Metall, beruhigend dicke, gut auf der Straße liegende Reifen, Tanks, in denen Freiheit steckte. Geschwindigkeit, die die Straßen aufrollte wie ein Dosenöffner eine Blechbüchse; die Entfernungen vernichtete. Mick sparte auf eine Honda, in seinen Träumen besaß er sie schon.

Honda.
Suzuki.
Yamaha.
Und er ein lächerlicher Musikpilot, der nicht vom Fleck kam!

Mick stand auf, riss die Kopfhörer herunter und warf sie aufs Bett. Er ging im Zimmer auf und ab, hektisch, als müsse er in diesem Augenblick einen Entschluss fassen, den er nicht aufschieben konnte. Er stand dann am Fenster und sah den Volvo des Vaters unten an der Straßenecke. Die Eltern waren mit dem Bus in die Stadt gefahren, sie wollten ins Theater und fürchteten, im Zentrum keinen Parkplatz zu finden.

Der Autoschlüssel hing am Schlüsselbrett. Als Mick das Haus verließ, dämmerte es, von der sinkenden Sonne angestrahlte Wolken standen rot am Himmel; Ansichtskartenkitsch, dachte Mick. Bald würde die Sonne verschwunden, der Abend dunkler sein, er war entschlossen, das Risiko auf sich zu nehmen – Freitagabend, kein Führerschein, er musste es auf sich nehmen, wegkommen von hier, zumindest eine Zeit lang aus der Siedlung fort, Autobahn, schnurgerade, Tempo, er musste jetzt fahren, denn sonst, so schien es ihm, würde er festwachsen in seinem Zimmer, kleben bleiben an seiner Angst wie an einem giftigen Leim, der sich nach und nach durch seinen Körper fraß.

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