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Artikel von Elfie Kainz-Kazda in »Unsere Kinder« Nr. 1/1992, Linz

Begegnung mit Georg Bydlinski

"Georg Bydlinski ist so sehr Kind geblieben – trotz einiger Bände voll Ernst und Engagement für Erwachsene –, dass er aus der Mitte kindlichen Erlebens denkt, fühlt und spricht", so schreibt Gertrud Paukner im Nachwort zu seinem neuesten Gedichtband »Die bunte Brücke«, der im heurigen Frühjahr erscheinen wird.

Auf diesen Satz hin angesprochen meint der Autor: "Ich fühle mich meiner Kindheit schon sehr nahe, dabei handelt es sich jedoch mehr um Gefühle als um konkrete Erinnerungen. Heute sind es natürlich auch die Erfahrungen mit meinen Kindern, die ich beim Schreiben einbringe." So hat er sich den Namen des jüngsten Sohnes Lukas für das von ihm zuletzt erschienene Bilderbuch »Guten Morgen, die Nacht ist vorbei« ausgeliehen. Doch auch die beiden Älteren, Gabriel und David, kommen in seinen Texten immer wieder vor.

Seine erste literarische Anerkennung bekommt Georg Bydlinski mit neun Jahren, da schrieb er das »Affengedicht« und seine Zwillingsbrüder lasen dieses in der Schule vor. Es ist verständlich, dass er sich heute noch darüber freut, dass damals als Autor James Krüss vermutet wurde. Mit sechzehn schreibt er statt eines Tagebuchs englische Gedichte. Die doppelte Distanz in Form und Sprache gibt ihm die Möglichkeit, seine Gedanken klarer zu fassen. Während des Studiums hält er dann bereits Lesungen im kleinen Kreis. Dadurch wird Käthe Recheis, damals schon arrivierte Kinderbuchautorin, auf ihn aufmerksam. Sie ist es, die ihn auf die Idee bringt, doch auch für Kinder zu schreiben. Zuerst ist Georg Bydlinski darüber sehr erstaunt, da er der Meinung war, um Kinderbuchautor zu sein, müsse man selbst Kinder haben oder zumindest Kontakt zu Kindern haben. Doch sein Interesse für die Kinderliteratur ist geweckt. Noch heute erinnert er sich gerne an die lustvolle Zeit, als er sich gemeinsam mit Birgit, seiner Frau, durch viele Kinderbücher "durchlas".

Birgit ist es auch, die ihm Mut macht, sich nach dem Abschluss des Studiums ausschließlich dem Schreiben zu widmen. Sie ist die erste Lektorin seiner Werke. Seine Familie ist ihm neben dem Schreiben das Wichtigste, betont Georg Bydlinski. Und ich freue mich, mit einem Mann zu sprechen, der etwas tut, das man ansonsten eher Frauen zuschreibt. Egal welche Frage man stellt, dem Autor gelingt es immer wieder, seine Kinder, seine Frau in die Antwort mit einzubeziehen.

Sein erster Lyrikband für Kinder erscheint 1981 unter dem Titel »Der Mond heißt heute Michel«. Dieses Buch zählt bereits zu den Klassikern dieses Genres. Die meisten werden jedoch mit dem Namen des Autors den »Wünschelbaum« verbinden; dabei handelt es sich um 151 Gedichte für Familie, Schule und Kindergarten, für die er als Herausgeber und Mitverfasser verantwortlich zeichnet. Und wer jemals auf der Suche nach Kinderlyrik auf dieses kleine und im doppeldeutigen Sinn handliche Büchlein gestoßen ist, wird wissen, was seine Qualität ausmacht. Es sind Gedichte für viele Gelegenheiten, deren Bogen sich spannt "von Wünschelbaum bis Purzelbaum", um es mit den Worten des Schriftstellers selbst zu sagen.

Georg Bydlinski schreibt Erzählungen und Gedichtbände für Erwachsene, er schreibt Bilderbuchtexte und reimt für Kinder. Außerdem überträgt er gemeinsam mit Käthe Recheis indianische Texte aus dem Amerikanischen. Dabei sind für ihn alle Formen von gleicher Bedeutung. Was er damit will? "Ich will unterhalten und gleichzeitig zum Nachdenken anregen, die Menschen zum behutsamen Umgang miteinander und mit der Natur anregen. Die Form des Gedichts soll Interesse für andere Sprachdimensionen, über den Inhalt hinaus, vermitteln und wecken. Gedichte sind spezifische Formen des Tanzes", antwortet Georg Bydlinski auf diese Frage und weist darauf hin, dass es sich beim letzten Satz um ein Zitat des amerikanischen Lyrikers Robert Creeley handelt. Für mich vermitteln seine "Tänze" vor allem Harmonie, Vertrautheit, Geborgenheit und Sicherheit. Vielleicht fehlt dabei das Mitreißende. Doch wer wollte schon immer Polka tanzen!

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