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Einleitung von Gabriele Ecker (Literaturabteilung des Landes Niederösterreich) zur Jubiläumsveranstaltung „Jahrzehnteschnell / 30 Jahre – 70 Bücher“ am 30. 9. 2010 in Maria Enzersdorf - Südstadt

Jahrzehnteschnell
30 Jahre – 70 Bücher

Sehr geehrte Festgäste, lieber Georg!

Jahrzehnteschnell /  30 Jahre – 70 Bücher, das klingt richtig beeindruckend. Ist es auch.

Also 30 Jahre als freier Schriftsteller leben, Verlage für 70 Bücher finden, und damit auch für eine Familie sorgen können, und dann auch noch Lyrik und Kinderbücher, keine bestsellerträchtigen Kriminal- oder Science-fiction-Romane. Ja, ist denn das möglich? Und das in einer Zeit, in der der Kampf am Buchmarkt zusehendes unerbittlicher wird, dem gedruckten Buch seit Jahren der Untergang vorausgesagt wird und dessen Ablöse durch e-books oder sonstige elektronische Medien. Wie behauptet man sich da?  

Ich bin Beamtin. Eigentlich. Zuständig bei der Kulturabteilung des Landes Niederösterreich für Literaturförderung. Und diesem Berufszweig sagt man allgemein einen gewissen trockenen, pragmatischen Zugang zur Materie nach. Das kann ich nicht. Ich arbeite mit und für Menschen, Künstler, jeder/ jede einzelne natürlich sehr individuell. Und so sind auch meine Erlebnisse mit ihnen.

Wenn ich an Georg Bydlinski denke, entstehen verschiedene Bilder vor meinen Augen:

Zuerst: ein jugendlich wirkender Mann steigt aus dem Zug, bewaffnet mit einer schweren Tasche, voll mit Büchern, in der einen Hand, um die Schulter den Tragriemen seiner Gitarre gehängt. Auf dem Weg zu einer neuen Lesung, irgendwo in Österreich oder Deutschland, auf dem Weg in eine Schule, wo die Kinder auf den Schöpfer des himbeerroten Drachen, des dicken Katers Pegasus, des Zapperdockels oder des Gürteltiers mit Hosenträgern warten.

Dann: ein konzentriert und äußerst genau arbeitender Manager seiner selbst an seinem Schreibtisch im Haus in Mödling, telefonisch Lesungsanfragen entgegennehmend und mit kleiner Schrift auf einem Kalender vermerkend, während die Katze ungeduldig nach Futter oder Aufmerksamkeit schnurrend über das letzte am Tisch liegende Manuskript stolziert.  Keine elektronische Terminerinnerung, aber vergessen wird hier sicher nichts.
Auch das Bild eines engagierten Kämpfers für die allgemeinen Belange von SchriftstellerInnen im Rahmen der IG Autorinnen Autoren sehe ich  und einen Mann mit Visionen, als er mit Gleichgesinnten den Verlag edition umbruch gründet und eine Reihe äußerst interessanter Bücher herausgibt.

Weiter: Einen Musiker, hingebungsvoll seine Lieder auch bei eigenen Lesungen spielend. Und den fürsorgliche Familienvater, in einem Haus voller Bilder, Zeichnungen, Musik und Bücher.

Und schließlich sehe ich seine Bücher:
Seine Kinderlyrik, in welcher er sich der Sprache seiner jungen Leser und Zuhörer bedient und diese mit seinen Gedanken durchdringt. Seine Reime wirken leicht und lassen den Sprachkünstler erkennen, der vertraut ist mit diesem Genre. Gerade diese Leichtigkeit, voll Witz und Humor, ist es, die seine Gedichte schon den Kleinen zugänglich und ihn gerade in diesem Genre so unglaublich erfolgreich macht.
Aber natürlich auch seine Lyrik- und Textsammlungen für Erwachsene, die ihn als sensiblen Dichter ausweisen, der viel über das Leben nachdenkt, viel erlebt hat, vieles hinterfragt und eine Botschaft hat.
Daneben liegen seine außergewöhnlichen Bücher indianischer Übersetzungen, gemeinsam mit Käthe Recheis entstanden. Texte, die seinem Naturell, seiner inneren Lebenseinstellung von Naturverbundenheit und Harmonie und einer gewissen kontemplativen Betrachtungsweise dessen, was ihn umgibt, entsprechen.

All das macht ihn zu dem, den wir heute feiern und würdigen wollen.

Wir leben in einem Bundesland, das mit einem reichen kulturellen Erbe ausgestattet ist: die große Dichte an Museen, Klöstern und Stiften mit ihren umfangreichen wissenschaftlich-musealen Sammlungen, Archiven und Bibliotheken stellen uns nicht nur vor die schöne Aufgabe, diese Schätze für die Nachwelt zu bewahren und ihnen die entsprechende Würdigung teil werden zu lassen. Diese Tatsache verpflichtet uns auch, dieses kulturelle Erbe zeitgemäß und innovativ weiterzuentwickeln. Die Förderung einer Vielfalt des kulturellen und künstlerischen Schaffens zählt somit zu der immanenten Aufgabe einer umfassenden Kulturpolitik.
Das Land NÖ hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine vielfältige und spannende Kulturszene ermöglichen und weiterentwickeln. Nicht nur die landschaftlichen Reize und die hier herrschende Lebensqualität, sondern vor allem die unvoreingenommene Wertschätzung vielfältigster kultureller Positionen und Erscheinungsformen hat in den letzten Jahren in diesem Bundesland eine Basis geschaffen, die Künstler gerne hier leben und arbeiten lässt.
Auch Georg Bydlinski hat hier seine Heimat gefunden, hier publiziert er und hat sich zu einem der anerkanntesten Lyrikern der Gegenwart entwickelt. Mit einer Reihe von literarischen Preisen auch seitens des Landes NÖ wurde er gewürdigt, wir haben ein Buch gemeinsam gemacht, er wurde vom Land aufgrund seiner Fachkenntnis in Fachbeiräte berufen und schließlich hat das Land NÖ im Jahr 2010 den literarischen Vorlass von Georg Bydlinski für die Dokumentationsstelle des Landes NÖ für Literatur erworben und wird diesen nach erfolgter Katalogisierung für die wissenschaftliche Bearbeitung bereitstellen.
All das soll ein Zeichen dafür sein, wie sehr wir ihn und seine Arbeit schätzen.

Ich möchte diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen, ohne nicht noch jemanden vor den imaginären Vorhang zu bitten. All das zu schaffen, bedarf der Unterstützung des nächsten Umfeldes, und besonders des Partners. Birgit hat deine berufliche Entscheidung wohl immer tatkräftig  mitgetragen, mehr noch, sie ist dir sicher auch immer  kluge Kritikerin und Beraterin. Das ist nicht hoch genug einzuschätzen und soll an dieser Stelle gesagt werden!

Lieber Georg, ich danke dir. Für deine Texte, für die unschätzbaren Impulse, die du den Kindern mitgibst, für deine Arbeit in der Literaturvermittlung, und ich wünsche mir noch viele Bücher von dir. Lustige und nachdenkliche, bebilderte und unbebilderte, gereimte und ungereimte. Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum.

 

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